museumscheck digital: Die Museen der Stadt Köln

Köln, das ist Karneval, Domplatte, rheinische Lebensart, und Kölscher Klüngel. Die Stadt hatte mal ein historisches Archiv, dann ist es zusammengebrochen, weil es bei Bauarbeiten unterspült wurde.

Köln ist aber mehr als Feiern, Beten und Katastrophen.

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Köln, die Stadt am Rhein, ist stolz auf ihre lange Geschichte, auf ihren kulturellen Reichtum, und besonders auf ihre vielfältige Museumslandschaft. Von Kunst über Design bis Schokolade, die Museumsbesucher werden sich in Köln nicht so schnell langweilen. Köln richtet darüber hinaus regelmäßig eine der wichtigsten Messen für technische Neuerungen auf dem Museumsmarkt aus, die Exponatec, die traditionell zeitgleich mit der Art Cologne Kunstmesse stattfindet.

Als ich also im letzten Jahr Gelegenheit hatte, mir ein Bild von Köln zu machen, habe ich mir auch die digitalen Angebote der Kölner Museen näher angesehen. Die Vereinigung der Berlin-Brandenburgischen Museumsvolontäre hatte mich eingeladen, einen Vortrag über die Zukunft des digitalen Ausstellens zu halten und zu diesem Zweck wollte ich mir ein paar Beispiele für digitale Vermittlung im Museum konkret mal ganz konkret betrachten. Da kam Köln gerade wie gerufen.

Wie sieht die Zukunft des digitalen Ausstellens aus?

Es wird immer wieder davon gesprochen, dass derzeit eine neue Ära der digitalen Vermittlung in den Museen begonnen habe – wenn man dann aber in den Museen danach sucht, wird man nicht unbedingt fündig. Sind Ausstellungen nicht eher der Ort, an dem man mal Ruhe genießt vor dem digitalen Beschalltwerden? Oder entwickelt sich die Zukunft des digitalen Ausstellens vielleicht gerade erst – befinden wir uns in dem historischen Moment, in dem sich die große Umwälzung in den Museen erst andeutet? Wird es den Museen in Zukunft vielleicht ähnlich gehen, wie es Zeitungen und öffentlich-rechtlichen Sendern heute schon geht? Um mir solche Fragen zu beantworten, entschied ich mich, eine Auswahl von Museen in Köln zu besuchen und die digitale Informationsvermittlung in den Ausstellungen vor Ort gezielt anzusehen.

Welche digitalen Angebote machen die Kölner Museen, welche Unterschiede gibt es zwischen verschiedenen Häusern und woran liegt das?

Aus pragmatischen Gründen entschied ich mich dafür, einige der „Museen der Stadt Köln“ näher unter die Lupe zu nehmen. Der ganz einfache Grund: für die konnte man ein Tagesticket kaufen, das an zwei aufeinander folgenden Tagen gültig ist. Museen, wie zum Beispiel das Schokoladenmuseum, oder das Diözesanmuseum Kolumba strich ich von der Liste. Ich entschied mich auch dafür, zunächst die Dauerausstellungen unter die Lupe zu nehmen, um die langfristige digitale Strategie der Häuser zu begreifen.

Von den Museen der Stadt Köln wählte ich schließlich das Wallraff-Richartz Museum, das Museum für Angewandte Kunst, das Museum Ludwig und das Rautenstrauch-Joest Museum. Vorweg: mehr als ein oder zwei Museen am Tag zu besuchen, macht eigentlich keinen Sinn, dafür sind die Sammlungen zu umfangreich. Allerdings hatte ich es mit dem Fokus auf die mediale Vermittlung etwas leichter.

Wallraff-Richartz Museum: Digital follows function?

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Im Wallraff-Richartz Museum (mit seiner Kunst-Sammlung, die Mittelalter, Barock und Moderne umfasst), findet sich ein einziges, konsequent wiederkehrendes Medienelement, das man mit dem Titel „kunsthistorische Vertiefung“ beschreiben könnte. Worum handelt es sich? Für die Besucher des Museums gibt es an ausgewählten Stellen die Möglichkeit sich zu setzen und vertiefende Informationen über Epochen, Künstler und Kontexte zu lesen, zu sehen und zu hören. Ein kleiner Monitor ist in der Sitzgelegenheit verbaut, der durch Trackpad und Maustasten steuerbar ist.

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Black Cube im White Cube: Kunst steht im Vordergrund – digitale Vermittlung im Sitzen,  2017.

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Viel klarer und viel reduzierter kann ein Medienkonzept kaum sein. Die Inhalte sind sehr sorgfältig aufbereitet und es wird manche Geschichte erzählt und manches Detail referiert, dass zu Verständnis der ausgewählten Kunst beiträgt. Die Interaktion ist intuitiv, die Wartung der Technik gut handhabbar (die Geräte funktionierten) und es gibt hier die Möglichkeit Details hervorzuheben und Informationen zu vermitteln, die wenigstens dem Individualbesucher ohne Führung verborgen bleibe dürften. Kritikpunkt – das Angebot hinterlässt gerade wegen seiner strengen Konzeption aber auch einen etwas einschläfernden Eindruck. Der Besucher wird kaum gefordert, die Interaktion bleibt immer gleich monoton und berechenbar – es gibt eher wenige Überraschungsmomente. An anderer Stelle findet sich eine Kinderecke mit Sitzsäcken, und einen Monitor, der Filme zeigt, um so vielleicht die Bedürfnisse der jüngsten Museumsbesucher zu berücksichtigen. Im Grunde genommen ist das digitale Medienkonzept des Museums also die maximal abgespeckte Variante einer digitalen Inhouse-Erzählung, wenn man so will. Digital follows function. Der Kunst soll erst einmal nichts im Wege stehen.

Rautenstrauch-Joest Museum: Digitales Storytelling im Museum

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Etwas anders verhält es sich im Rautenstrauch-Joest Museum, dem Kölner ethnologischen Museum. Hier finden sich zahllose unterschiedliche digitaler Vermittlungsmedien – von der raumgreifenden Eingangs-Video-Installation, über die klassische Medien- Vertiefungsstation und beinahe künstlerisch anmutende Beamer-Projektionen, über einen interaktiven Medien-Tisch, bis hin zu einem interaktiven, blätterbarem Atlas mit Aufprojektion, einem Medienraum als White-Cube zum Thema Stereotypen, einer Kinderecke mit Touchscreens als Einführung in die musealen Praktiken Forschen, Sammeln, Ausstellen und Bewahren, bis hin zu kinoähnlichen Rauminszenierungen, durch die Maskenfeste quer durch die Kulturen lebendig werden.

Digitale Vermittlung im Rautenstrauch-Joest Museum, 2017.

Kurzum: es finden sich eine Vielzahl digitaler Medien, die genau für den jeweils gedachten Zweck konzipiert sind und offensichtlich Aufmerksamkeit beim Besucher erzeugen und für gutes Infotainment sorgen, und sich harmonisch in die Gesamtinszenierung der Ausstellung einfügen sollen. Diese Medienanwendungen stehen für sich, sie referieren ein Thema – sind aber untereinander nicht vernetzt, ihr Inhalt durch die Besucher nicht änder- oder beeinflussbar. Dennoch bieten sie den klassischen Mehrwert von audiovisuellen Medien – hier sprechen nicht etwa nur die Objekte für sich, sondern das Museum ist dem Menschen gewidmet und dazu gehören dann eben auch Rituale, Begrüßungen, Tänze, Maskenfeste, Bestattungsrituale – sinnliche Momente, die nicht per se im Objekt gespeichert sind, sondern die medial erzählt werden müssen.

Museum Ludwig: Digitale Medien als Kunstwerke

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Pop Lab im Museum Ludwig: digitale Spielwiese für Groß und Klein, 2017.

Zuletzt noch einen Blick ins Museum Ludwig. Hier gab es im Grunde gar keine, oder doch sehr wenige digitale Vermittlungsmedien zu entdecken, die man unter dem Label „digitales Ausstellen“ fassen könnte, eher schon Medien als Kunstwerke, bzw. einen Porträtfilm über James Rosenquist, der selbst aber als Objekt in der Ausstellung gezeigt wurde. Nur der Vollständigkeit halber: Im sogenannten Pop-Lab des Museums darf sich das Publikum selbst mit Kunst auseinandersetzen und in klar abgesteckten, pädagogisch angeleiteten Grenzen künstlerisch betätigen. So wird man zum Beispiel von einer Kamera gefilmt uns sieht das eigene Videobild (verlangsamt) auf einer Leinwand projiziert. Sofort wird das Publikum wach – die Besucher kommen miteinander ins Gespräch, man tauscht sich aus, man rätselt, was diese Interaktion soll – und fragt sich, warum dieses experimentierfreudige Museum nicht an mehr Stellen digitale Mittel zur Interaktion einsetzt.

Ein vorsichtiges Fazit nach dieser improvisierten Begehung der Kölner Museen – in den Dauerausstellungen der Häuser werden digitale Medien vor allem im Sinne einer erweiterten und vertieften Informationsvermittlung verwendet. Die Medienstationen vermitteln und verlangen vom Besucher, dass er liest, schaut und zuhört. Sie eröffnen nur selten Spielraum für wirkliche Interaktion – mit Ausnahme einiger der Anwendungen des Rautenstrauch-Joest-Museums, das wegen seines experimentellen Umgangs mit Medien positiv hervorgehoben werden soll. Der Medientisch zum Thema Migration lädt die Besucher dazu ein, sich intensiver mit den Schicksalen Geflüchteter zu befassen und bietet wenigstens einige partizipatorische Möglichkeiten.

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Medientisch im Rautenstrauch-Joest Museum, Köln 2017.

Insgesamt hinterlassen die Kölner Museen nicht den zwingenden Eindruck, als wären sie sich der Möglichkeiten des Digitalen bewusst, oder als hätten sie auch nur ein entferntes Interesse daran. Es gibt in den Museen wenig Hinweise auf Apps (zur Tintoretto-Sonderausstellung im WRM gab es allerdings eine Tintoretto-App), keine Feedbackstationen, keine Spiele oder weiteren interaktiven Elemente, keine Formen vernetzten Wissens, allenfalls den obligatorischen Audioguide.

Ein Fazit könnte also lauten: Digitale Medien vermitteln Informationen von Experten an Laien. Sie ermöglichen es, audiovisuelle Inhalte in die Ausstellung zu integrieren, erheben aber nur an ausgewählten Stellen den Anspruch mehr zu sein als ein reines Hilfsmittel. Die verwendete Technik wirkt an manchen Stellen eher antiquarisch, die Interaktionen fad. Im Museum für Angewandte Kunst sucht der Besucher dann vergeblich nach digitalen Anwendungen. Vor den Gaderobenschränken im Foyer steht ein Sessel, in dem man rundum mit Musik beschallt werden soll, aber von dort schnarrt es nur verdächtig. In einer Sonderausstellung über Computerspiele soll den Besuchern eine digitale Führung begleiten, aber das WLAN funktioniert in der Ausstellung nicht.

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Digitales Stehrumchen im Museum für Angewandte Kunst, 2017.

Kaum eine Spur also in den Museen davon, was auf der Exponatec so laut den digitalen Wandel verkündet? „Data are the new exhibits!“ – soll da nun eher ein Ausrufezeichen… oder muss da vielleicht doch eher ein Fragezeichen hinter?

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